Archive for August, 2007

Das große Staunen über die Folgen unsozialer und einseitiger Politik

Montag, August 20th, 2007

Pünktlich zur Halbzeit der Grossen Koalition flattern die ersten Zwischenabrechnungen auf den Tisch: Immer mehr Beschäftigte können ohne zusätzliches Hatz IV nicht überleben – immer mehr Fachkräfte fehlen in der Wirtschaft, eine „Experten“-Studie errechnet flugs einen jährlichen Schaden von 20 Milliarden Euro. Wenn die Experten doch auch so fix beim Erkennen von Wirkungszusammenhängen wären und rechtzeitig ihre Mahnungen auch mal an die richtige Adresse schicken würden. Denn hinter beiden Meldungen steckt ein fröhliches Zusammmenwirken von neoliberal-konservativen Kräften in der CDU und den Unternehmen.
Da werden zum einen die Arbeitslosen bekämpft statt der Arbeitslosigkeit, die „Ware Arbeit“ muss nach Meinung neoliberaler Chefpropagandisten à lá Sinn (IFO) oder Franz nur billig genug angeboten werden, damit sie von den Unternehmen nachgefragt wird. Ganz abgesehen davon, dass damit die seit Jahren sinkende Binnennachfrage noch weiter erstickt wird, denn die zu Billigstanbietern degradierten Arbeitnehmer können sich immer weniger leisten, ganz abgesehen davon werden existenzsichernde Mindesteinkommen einfach der Allgemeinheit aufs Auge gedrückt. Warum denn mehr zahlen, wenn der Staat über Hartz IV großzügig den Rest übernimmt! Das Prinzip, weitere Kosten und Risiken auf den Steuerzahler abzuwälzen, die Gewinne aber fröhlich einzustecken, funktioniert immer besser. So stieg die Zahl derjenigen, die zusätzlich Harz IV benötigen seit Oktober um 160.000 auf 1,28 Millionenim Januar 2007, ein Plus von 14 Prozent . Es ist kaum damit zu rechnen, dass die Wirtschaft seitdem dieses Erfolgsmodell nicht weiter verfolgt. Kein Wunder, dass der Protest gegen Mindestlöhne, wie sie Franz Müntefering wieder in diesem Zusammenhang fordert, prompt von Seiten der CDU und der Wirtschaft ertönt. Bislang spart sie nämlich genau diese Summe auf Kosten der Allgemeinheit.
Gespart hat sie genau so in den letzten Jahren bei der Ausbildung und Fortbildung ihres Fachkräftenachwuchses. Wo soll der auch herkommen, wenn nicht genügend Ausbildungsplätze geboten werden oder wenn Studieren ein unkalkulierbares Risiko ist. Womit wir mal wieder bei den so vielbesungenen Investionen in die Köpfe wären. Wer soll da eigentlich investieren? Der Staat, die Wirtschaft oder der Betroffene in sich selbst? Das bisherige System lässt am ehesten die Vermutung zu, dass dafür jeder selbst verantwortlich ist. So mutet Glos und Schavans Ankündigung einer „Nationalen Qualifizierungsoffensive“ geradezu grotesk an. Da werden mehr Anstrengungen vom Bund, den Ländern und den Betrieben ( wer da wohl die anderen vorlässt..)verlang, aber auch die Zahl der Studienanfänger soll erhöht und das Bafög angehoben werden, um das Studieren attraktiver zu machen. Hatten da nicht vor kurzem erst die CDU-Länder im Chor mit der Bertelsmann-Stiftung erklärt, mit der Einführung von Studiengebühren werde alles besser und attraktiver?? Seltsamerweise hat das unter anderem in Niedersachsen, das gar nicht schnell genug Studiengebühren einführen konnte, zu drastischen Rückgängen bei den Studentenzahlen geführt. Wer dann noch mit einem Schulsystem aus wilhelminischen Zeiten dafür sorgt, dass nur eine privilegierte Minderheit Zugang zum Hochschulstudium bekommt, der sollte sich mit neuen Patentrezepten sehr zurückhalten. Die Wirtschaft und die jungen Menschen dürften noch lange genug unter den bisherigen Rezepten zu leiden haben.

Subventionsabbau – wie es die Wirtschaft mag

Freitag, August 17th, 2007

Wirtschaft und Teile der Bundesregierung können stolz sein auf unseren Finanzminister. Hat er es doch tatsächlich geschafft, die Subventionen seit Beginn seiner Amtszeit 2005 bis zum Ende dieses Jahres um satte 9 Prozent reduziert zu haben. Und den Löwenanteil der 2 Milliarden behielt der gute Peer Steinbrück im vergangenen Jahr zurück, um den Sparkurs im Haushalt fortzusetzen. Wer sich nun verwundert fragt, warum es keinen Protest bei den betroffenen Unternehmen gegeben hat, die doch schon aufstöhnen, wenn es darum geht, die so drückenden Lohnnebenkosten um überlebensnotwendige 0,01 Prozent zu senken, dem soll hier geholfen werden. Unser sozialdemokratischer Finanzminister hat nämlich genau die Art von Subventionsabbau betrieben, den die Wirtschaft seit langem fordert! Nein, nicht etwa bei den Großkonzernen oder Subventionskritikern wie Herrn Rodenstock. Die alle sind nämlich der Ansicht, dass der Staat den Bürgern viel zu viele Subventionen gewährt. Beispielsweise Eigenheimzulage, Kilometerpauschale oder auch steuerfreie Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge. Und genau die haben jetzt einen wertvollen Beitrag zur Haushaltshaltskonsolidierng ergeben. Gut 1,7 Milliarden stammen aus gestrichenen Steuervergünstigungen. Wo die Bürger so opferbereit waren, konnte natürlich die Unterstützung der darbenden Wirtschaft fortgesetzt werden. Und die bekamen gleich noch etwas drauf, der Anteil der sogenannten Beihilfen an die gewerbliche Wirtschaft steigt von 49 auf 56 Prozent im kommenden Jahr. Das ist zwar nur eine halbe Milliarde mehr, aber dafür gibts ja mit der Unternehmenssteuerreform noch die so dringend notwendige Entlastung. Klasse Minister, könnte man da applaudieren, wäre man Unternehmer, CDU-Anhänger und der oberste Kürzer in der gleichen Partei.
Ich habe allerdings sozialdemokratische Politik immer so verstanden, dass man nicht den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in die Tasche greift und das Geld den Unternehmen in die prallgefüllten Geldbeutel stopft. Vielleicht mögen deswegen auch so viele traditionell sozialdemokratisch orientierte Wähler ihr Kreuz nicht mehr bei der SPD machen? Ich kann mir allerdngs auch nicht vorstellen, daß Herr Rodenstock oder Herr Ackermann nun aus Dankbarkeit SPD wählen.

Grundversorgung à la ENBW

Mittwoch, August 15th, 2007

Wer immer noch Zweifel hat, dass die Stromkonzerne ihre quasi-Monopolstellung missbrauchen und ihre Stromkunden nach Strich und Faden ausplündern, der sollte nach der bescheidenen Abfindung von 400.000 Euro jährlich bis zum Jahr 2026 für den scheidenden Vorstandschef Utz Claassen eines Besseren belehrt sein. Diese Zeche zahlen natürlich die Verbraucher, denn wofür wird der Frührentner jetzt so fürstlich belohnt? Nur dafür, dass er im trauter Eintracht mit den anderen Großen RWE, EON und Wattenfall die deutsche Wirtschaft und die Verbraucher bis zum Äussersten geschröpft hat. Besonders grotesk ist es, dass der Protest zuerst von den Aktionären kommt. Für die hat Claassen doch die satten Gewinne eingefahren, da kann man schon ein wenig Dankbarkeit erwarten….
 Als ENBW- Kunde wäre ich allerdings äußerst nachtragend und würde postwendend den Anbieter wechseln. Nur so ist Widerstand gegen die immer dreisteren Abzockmethoden möglich. Viele Vattenfall-Stromkunden in Hamburg und Berlin machen es vor. Wir alle sollten dem Beispiel folgen und unsere Verträge bei EON, ENBW, Vattenfall oder RWE kündigen. Deren Spitzenmanager besingen immer die Kräfte des Marktes – jetzt sollten sie die mal zu spüren bekommen.

Aufschwung vorbei? – Die einen hatten nichts davon, die anderen haben trotzdem abgesahnt

Mittwoch, August 15th, 2007

Was haben wir nicht alles an Jubelarien über uns ergehen lassen: Deutschland boomt, Kaufrausch wie lange nicht mehr. Ärgerlich, dass die breite Mehrheit davon wenig mitbekommen hat. Und nach dem kurzen Strohfeuer zu Jahresbeginn, gestützt durch einen weiter florierenden Export herrscht jetzt Katerstimmung. Jetzt macht sich nicht nur die Merhwertsteuererhöhung bemerkbar, sondern auch die erhöhten Belastungen für die Verbraucher. Die wollen partout nicht so, wie es ihnen die Auguren und „Wirtschaftsweisen“ ( sollten eigentlich Wirtschaftsignoranten heissen) vorgeben wollen. Denn noch immer stagniert die Binnennachfrage. Wer nach Jahren realer Lohnverluste ein bisschen mehr in der Lohntüte hat, der wird sich eher konsolidieren , als freudestrahlend das neuen Auto ordern. Und wenn dann gleichzeitig noch die Preise für Lebensmittel steigen – angeblich sind mal wieder die Chinesen schuld, dann ist endgültig die Lust am Konsum vergangen. Und wenn dann gleichzeitig der Staat noch den neoliberalen Dauerappellen nach weniger Staatsquote gefolgt ist, dann können die öffentlchen Investitionen noch nicht einmal den Status quo sichern, für die Infrastruktuir und vor allem für die Bildung wird immer weniger ausgegeben – mit verheerenden Folgen. Was passier, wenn der Staat nicht mehr in Schulen, Ausbildung, Strassen und Brücken investiert, sieht man in den USA.

Die einzigen, die vom bisherigen Aufschwung satt profitiert haben, waren die Unternehmen. Ihre Einkommen und die aus Vermögen stiegen von 2000 bis 2006 um stolze 40 Prozent, die der Arbeitnehmer um gerade 4 Prozent. Es fällt nicht schwer, die Forderungen der Wirtschaftsweisen wie der Unternehmerverbände vorherzusagen, wenn der Konjunkturmotor noch weiter ins Stottern gerät: „Deutschland geht es zu gut, die sozialen Wohltaten verhindern Investitionen und den Abbau der Arbeitslosigekeit ebenso wie zu hohe Lohnnebenkosten und der blöde Kündigungsschutz“. Jede Wette, dass dann wieder erklärt wird, die Reformen seien noch nicht weit genug gegangen! Mal sehen, wer als erster schreit. Ich hoffe nur, dass unsere Genossen Steinbrück und Müntefering nicht wieder dabei sind.

Wer hat eigentlich den Fachkräftemangel zu verantworten?

Dienstag, August 14th, 2007

Es ist schon erstaunlich, dass die deutsche Wirtschaft Aus- und Fortbildung in einer Mischung aus St. Florian und Schweinezyklus handhabt, oder besser nicht handhabt. Obwohl nicht erst seit heute von Politik und Wirtschaft immer wieder Investitionen in die Köpfe gefordert werden und vom Rohstoff Bildung geschwärmt wird, sieht die Realität ganz anders aus. Tatsächlich bilden Betriebe immer weniger fort. Nur 38% der Beschäftigten nehmen an betrieblicher Fortbildung teil, in Schweden sind es 63%. Und während der deutsche Arbeitnehmer in seinem gesamten Berufsleben gerade 50 Tage in Fortbildung ist, sind es im OECD Durchschnitt deutlich mehr, bei den Franzosen, Schweizern oder Dänen gleich doppelt so viele Tage. Fortgebildet wird dabei vor allem in Großunternehmen, in gewissen Branchen oder im Handwerk sieht es noch düsterer aus, obwohl die Anforderungen in den letzten Jahren drastisch gestiegen sind. Wie ernst die Unternehmen die betriebliche Fortbildung tatsächlich nehmen, zeigt die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Von den 200 Millionen, die sie für das Jahr 2007 für betriebliche Fortbildung bereitstellte, sind gerade einmal bis Juli 5,4 Millionen Euro abgerufen worden, also noch nicht einmal 3 Prozent! Das Geschrei der Unternehmen wegen angeblichen Mangels an Fachkräften ist hier genau so durchsichtig wie die ewige Klage über nicht hinreichend qualifizierte Schulabgänger. Wer ist eigentlich für die Bildung und Fortbildung verantwortlich? Nur der Staat? Nur die Gesellschaft? Gehören da nicht auch die Unternehmen dazu. Profitieren die etwa nicht von gut ausgebldeten Fachkräften? Inzwischen scheint sich allerding kaum noch jemand darüber aufzuregen, dass die sich nahezu komplett aus der gesellschaftlichen Verantwortung stehlen. Wie sonst ist diese Schieflage zu verstehen- und wie sonst ist die absurde Forderung von DIHK Hauptgeschäftsführer Wansleben zu verstehen, die Arbeitnehmer sollten sich gefälligst in ihrer Freizeit selbst fortbilden. Oder man importiert einfach billigere Fachkräfte aus dem Ausland. Die teureren deutschen kann man dann ja auch gleich noch nach Hause schicken. Das System, dass die deutsche Wirtschaft seit Jahren erfolgreich durchsetzt, ist ganz einfach: Wir wälzen immer mehr Kosten auf die Allgemeinheit und die Arbeitnehmer ab, kündigen die solidarischen Sozialsysteme und lassen die Arbeitnehmer immer mehr bezahlen. Die eine Seite ist für die Kosten verantwortlich, die andere für die Profite, die dann natürlich möglichst nicht versteuert werden dürfen. Schließlich muss man ja für den Erhalt der Arbeitsplätze sorgen….Das gilt so lange, wie alles wie geschmiert läuft. Hat man sich dann verzockt, wird lauthals nach staatlicher Hilfe geschrien oder man lässt die Beschäftigten bluten. Die Freiheit des Marktes wird nur so lange besungen, wie die Profite prächtig sprudeln. Wenn´s nicht so klappt, dann muss eben der Staat aushelfen, wie im Fall der IKB – Bank mit Milliardenspritzen….Dort sitzt übrigens die gesamte deutsche „Elite“ der Wirtschaft im Aufsichtsrat oder im Beraterkreis. Was haben die eigentlich getan?

Wer spinnt, die Lokführer oder die Richter?

Freitag, August 10th, 2007

Gottseidank haben es dann doch eine Reihe von Zeitungen gemerkt und auch der DGB hat klar Position bezogen: Das Urteil des Nürnberger Arbeitsgerichts ist nichts weniger als ein durch den Mainstream in Medien und politischer Landschaft ermutigter Versuch, den Gewerkschaften das verfassungsmässige Recht auf Streik zu nehmen. Die Argumentation der Richter ist geradezu haarsträubend und folgte dem Dauergeschrei von Bild, ZDF, Spiegel etc. Unternehmerverbandsfürsten, der CDU sowie des Wirtscahftserfüllungsgehilfen Michael Glos, der Streik würde nicht verantwortbare wirtschaftliche Schäden verursachen und Deutschland vom Boom in tiefe wirtschaftliche Finsternis stürzen. Richtigerweise erinnern TAZ, Zeit und andere intelligentere Medien daran, dass genau dies die wesentliche Waffe der Gwerkschaften in Tarifauseinandersetzungen ist. Wie sonst sollten sie ihre Forderungen durchsetzen??
Es ist schon deprimierend, daß viele angeblich unabhängige Medien in das zweckdienliche Wehgeschrei mit einstimmten, ohne auch nur einen Gedanken an so komplizierte Dinge wie das Grundgesetz oder die Möglichkeiten der Arbeitnehmer im Tarifkonflikt zu verschwenden. Kurios ist ebenfalls, dass sich die Unternehmervertreter jetzt wieder beschweren, dass kleine Gewerkschaften ihre Macht in Schlüselberufen einsetzen – die gleichen , die noch gestern den Flächentarifvertrag als Wurzel allen Übels angesehen haben und ihn nun vehement wieder einklagen. Gerade so, wie es passt, um die Gewerkschaften zahnlos zu halten und höhere Löhne mit den immer gleichen Ausreden zu verhindern.
Kurios ist auch, dass sich diejenigen empören, dass die GDL ihre Schlüsselposition in einer öffentlichen Dienstleistung einsetzt, die sch für die Privatisierung der Bahn in Zeug gelegt haben. Jetzt sind sie ganz verwundert, dass die quasi bei einem Privatunternehmen arbeitenden Lokführer auch die gleichen Streikrechte wie andere Arbeitnehmer bei Privatunternehmen wahrnehmen wollen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Kritik an dem Nürberger Skandalurteil nicht im allgemeinen Bohei um die Schlichtungsversuche untergeht.

Hallo zusammen – Klartext im Blog

Mittwoch, August 8th, 2007

Ab heute sollen hier Anmerkungen, Kommentare und Bewertungen von Ereignissen und dem täglichen Unsinn in unseren Medien erscheinen. Ich wünsche mir, daß dieser Blog eine Möglichkeit für viele darstellt, manipulative und unseriöse Berichterstattung bzw. sublim verpackte Propaganda als das zu erkennen, was sie tatsächlich ist. Nur so kann es gelingen, Argumente und überzeugende Ansichten für die politische Auseinandersetzung zu verbreiten und aktiv in den kommenden Monaten einzusetzen. Es gibt eine Chance, den Trend zu immer mehr Verblödung und frustrierter Passivität zu stoppen.

Michael Buckup