Das große Staunen über die Folgen unsozialer und einseitiger Politik

Pünktlich zur Halbzeit der Grossen Koalition flattern die ersten Zwischenabrechnungen auf den Tisch: Immer mehr Beschäftigte können ohne zusätzliches Hatz IV nicht überleben – immer mehr Fachkräfte fehlen in der Wirtschaft, eine „Experten“-Studie errechnet flugs einen jährlichen Schaden von 20 Milliarden Euro. Wenn die Experten doch auch so fix beim Erkennen von Wirkungszusammenhängen wären und rechtzeitig ihre Mahnungen auch mal an die richtige Adresse schicken würden. Denn hinter beiden Meldungen steckt ein fröhliches Zusammmenwirken von neoliberal-konservativen Kräften in der CDU und den Unternehmen.
Da werden zum einen die Arbeitslosen bekämpft statt der Arbeitslosigkeit, die „Ware Arbeit“ muss nach Meinung neoliberaler Chefpropagandisten à lá Sinn (IFO) oder Franz nur billig genug angeboten werden, damit sie von den Unternehmen nachgefragt wird. Ganz abgesehen davon, dass damit die seit Jahren sinkende Binnennachfrage noch weiter erstickt wird, denn die zu Billigstanbietern degradierten Arbeitnehmer können sich immer weniger leisten, ganz abgesehen davon werden existenzsichernde Mindesteinkommen einfach der Allgemeinheit aufs Auge gedrückt. Warum denn mehr zahlen, wenn der Staat über Hartz IV großzügig den Rest übernimmt! Das Prinzip, weitere Kosten und Risiken auf den Steuerzahler abzuwälzen, die Gewinne aber fröhlich einzustecken, funktioniert immer besser. So stieg die Zahl derjenigen, die zusätzlich Harz IV benötigen seit Oktober um 160.000 auf 1,28 Millionenim Januar 2007, ein Plus von 14 Prozent . Es ist kaum damit zu rechnen, dass die Wirtschaft seitdem dieses Erfolgsmodell nicht weiter verfolgt. Kein Wunder, dass der Protest gegen Mindestlöhne, wie sie Franz Müntefering wieder in diesem Zusammenhang fordert, prompt von Seiten der CDU und der Wirtschaft ertönt. Bislang spart sie nämlich genau diese Summe auf Kosten der Allgemeinheit.
Gespart hat sie genau so in den letzten Jahren bei der Ausbildung und Fortbildung ihres Fachkräftenachwuchses. Wo soll der auch herkommen, wenn nicht genügend Ausbildungsplätze geboten werden oder wenn Studieren ein unkalkulierbares Risiko ist. Womit wir mal wieder bei den so vielbesungenen Investionen in die Köpfe wären. Wer soll da eigentlich investieren? Der Staat, die Wirtschaft oder der Betroffene in sich selbst? Das bisherige System lässt am ehesten die Vermutung zu, dass dafür jeder selbst verantwortlich ist. So mutet Glos und Schavans Ankündigung einer „Nationalen Qualifizierungsoffensive“ geradezu grotesk an. Da werden mehr Anstrengungen vom Bund, den Ländern und den Betrieben ( wer da wohl die anderen vorlässt..)verlang, aber auch die Zahl der Studienanfänger soll erhöht und das Bafög angehoben werden, um das Studieren attraktiver zu machen. Hatten da nicht vor kurzem erst die CDU-Länder im Chor mit der Bertelsmann-Stiftung erklärt, mit der Einführung von Studiengebühren werde alles besser und attraktiver?? Seltsamerweise hat das unter anderem in Niedersachsen, das gar nicht schnell genug Studiengebühren einführen konnte, zu drastischen Rückgängen bei den Studentenzahlen geführt. Wer dann noch mit einem Schulsystem aus wilhelminischen Zeiten dafür sorgt, dass nur eine privilegierte Minderheit Zugang zum Hochschulstudium bekommt, der sollte sich mit neuen Patentrezepten sehr zurückhalten. Die Wirtschaft und die jungen Menschen dürften noch lange genug unter den bisherigen Rezepten zu leiden haben.

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