Wer hat eigentlich den Fachkräftemangel zu verantworten?

Es ist schon erstaunlich, dass die deutsche Wirtschaft Aus- und Fortbildung in einer Mischung aus St. Florian und Schweinezyklus handhabt, oder besser nicht handhabt. Obwohl nicht erst seit heute von Politik und Wirtschaft immer wieder Investitionen in die Köpfe gefordert werden und vom Rohstoff Bildung geschwärmt wird, sieht die Realität ganz anders aus. Tatsächlich bilden Betriebe immer weniger fort. Nur 38% der Beschäftigten nehmen an betrieblicher Fortbildung teil, in Schweden sind es 63%. Und während der deutsche Arbeitnehmer in seinem gesamten Berufsleben gerade 50 Tage in Fortbildung ist, sind es im OECD Durchschnitt deutlich mehr, bei den Franzosen, Schweizern oder Dänen gleich doppelt so viele Tage. Fortgebildet wird dabei vor allem in Großunternehmen, in gewissen Branchen oder im Handwerk sieht es noch düsterer aus, obwohl die Anforderungen in den letzten Jahren drastisch gestiegen sind. Wie ernst die Unternehmen die betriebliche Fortbildung tatsächlich nehmen, zeigt die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Von den 200 Millionen, die sie für das Jahr 2007 für betriebliche Fortbildung bereitstellte, sind gerade einmal bis Juli 5,4 Millionen Euro abgerufen worden, also noch nicht einmal 3 Prozent! Das Geschrei der Unternehmen wegen angeblichen Mangels an Fachkräften ist hier genau so durchsichtig wie die ewige Klage über nicht hinreichend qualifizierte Schulabgänger. Wer ist eigentlich für die Bildung und Fortbildung verantwortlich? Nur der Staat? Nur die Gesellschaft? Gehören da nicht auch die Unternehmen dazu. Profitieren die etwa nicht von gut ausgebldeten Fachkräften? Inzwischen scheint sich allerding kaum noch jemand darüber aufzuregen, dass die sich nahezu komplett aus der gesellschaftlichen Verantwortung stehlen. Wie sonst ist diese Schieflage zu verstehen- und wie sonst ist die absurde Forderung von DIHK Hauptgeschäftsführer Wansleben zu verstehen, die Arbeitnehmer sollten sich gefälligst in ihrer Freizeit selbst fortbilden. Oder man importiert einfach billigere Fachkräfte aus dem Ausland. Die teureren deutschen kann man dann ja auch gleich noch nach Hause schicken. Das System, dass die deutsche Wirtschaft seit Jahren erfolgreich durchsetzt, ist ganz einfach: Wir wälzen immer mehr Kosten auf die Allgemeinheit und die Arbeitnehmer ab, kündigen die solidarischen Sozialsysteme und lassen die Arbeitnehmer immer mehr bezahlen. Die eine Seite ist für die Kosten verantwortlich, die andere für die Profite, die dann natürlich möglichst nicht versteuert werden dürfen. Schließlich muss man ja für den Erhalt der Arbeitsplätze sorgen….Das gilt so lange, wie alles wie geschmiert läuft. Hat man sich dann verzockt, wird lauthals nach staatlicher Hilfe geschrien oder man lässt die Beschäftigten bluten. Die Freiheit des Marktes wird nur so lange besungen, wie die Profite prächtig sprudeln. Wenn´s nicht so klappt, dann muss eben der Staat aushelfen, wie im Fall der IKB – Bank mit Milliardenspritzen….Dort sitzt übrigens die gesamte deutsche „Elite“ der Wirtschaft im Aufsichtsrat oder im Beraterkreis. Was haben die eigentlich getan?

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